Schrift 153 - Die Krise in Kapernaum

   
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Das Urantia Buch

Schrift 153

Die Krise in Kapernaum

153:0.1 (1707.1) AM Freitagabend, dem Tag ihrer Ankunft in Bethsaida, und am Sabbat- morgen fiel den Aposteln auf, dass Jesus ernsthaft mit einem wichtigen Problem beschäftigt war; sie stellten fest, dass der Meister in ungewöhnlicher Weise über eine Sache von großer Bedeutung nachdachte. Er aß nichts zum Frühstück und nur wenig am Mittag. Am Abend zuvor und den ganzen Sabbatmorgen über trafen sich die Zwölf und ihre Mitarbeiter im Haus, im Garten und am Seeufer in kleinen Gruppen. Eine spannungsgeladene Ungewissheit und Vorahnung lastete auf ihnen allen. Jesus hatte kaum mit ihnen gesprochen, seit sie Jerusalem verlassen hatten.

153:0.2 (1707.2) Monatelang hatten sie den Meister nicht so in Gedanken vertieft und so wenig mitteilsam gesehen. Sogar Simon Petrus war deprimiert, wenn nicht geradezu niedergeschlagen. Andreas wusste nicht mehr, was er für seine mutlosen Gefährten tun könnte. Nathanael sagte, sie befänden sich mitten „in der Ruhe vor dem Sturm“. Thomas drückte die Meinung aus, dass „demnächst etwas Ungewöhnliches geschehen werde“. Philipp riet David Zebedäus, „alle Pläne für Verpflegung und Unterkunft der Menge zu vergessen, bis wir wissen, worüber der Meister nachdenkt“. Matthäus unternahm neue Anstrengungen, um die Kasse zu füllen. Jakobus und Johannes besprachen die bevorstehende Predigt in der Synagoge und mutmaßten mancherlei über deren wahrscheinlichen Inhalt und Tragweite. Simon Zelotes gab seinem Glauben — in Wirklichkeit seiner Hoffnung — Ausdruck, „der Vater im Himmel stehe im Begriff, in unerwarteter Weise zu intervenieren, um seinen Sohn zu rechtfertigen und zu unterstützen“, während Judas Iskariot es wagte, den Gedanken zuzulassen, vielleicht bedrücke Jesus die Reue darüber, „nicht den Mut und die Kühnheit gehabt zu haben, den Fünftausend zu erlauben, ihn zum König der Juden auszurufen“.

153:0.3 (1707.3) Aus der Mitte einer solchen Schar niedergeschlagener und trostloser Jünger entfernte sich Jesus an diesem schönen Sabbatnachmittag, um in der Synagoge von Kapernaum seine Epoche machende Predigt zu halten. Das einzige ermunternde Wort des Grußes oder guten Wunsches aus den Reihen seiner nächsten Gefährten kam von einem der ahnungslosen Alphäus-Zwillinge, der Jesus, als er das Haus auf dem Weg zur Synagoge verließ, fröhlich grüßte und sagte: „Wir beten dafür, dass der Vater dir helfe, und dass wir größere Menschenmengen als je zuvor haben.“

1. Vor dem Auftritt

153:1.1 (1707.4) Eine erlauchte Versammlung begrüßte Jesus um drei Uhr an diesem herrlichen Sabbatnachmittag in der neuen Synagoge von Kapernaum. Jairus präsidierte und reichte Jesus die Schriften zur Lesung. Am Vortag waren aus Jerusalem dreiundfünfzig Pharisäer und Sadduzäer angekommen; über dreißig Häupter und Vorsitzende von Synagogen aus der Nachbarschaft waren ebenfalls zugegen. Diese jüdischen religiösen Führer handelten direkt auf Befehl des Sanhedrins in Jerusalem, und sie bildeten die orthodoxe Vorhut, die gekommen war, um den offenen Kampf gegen Jesus und seine Jünger einzuleiten. Auf den Ehrenplätzen der Synagoge saßen Seite an Seite mit diesen jüdischen Führern die offiziellen Beobachter des Herodes Antipas, die angewiesen worden waren, die Wahrheit über die alarmierenden Berichte in Erfahrung zu bringen, denen zufolge die Volksmenge einen Versuch unternommen habe, Jesus drüben im Herrschaftsbereich seines Bruders Philipp zum König der Juden zu proklamieren.

153:1.2 (1708.1) Jesus war sich bewusst, dass er sich unmittelbar einer unverhüllten und offenen Kriegserklärung seiner an Zahl wachsenden Feinde gegenübersah, und er entschied sich unerschrocken, die Offensive zu ergreifen. Anlässlich der Speisung der Fünftausend hatte er ihre Vorstellungen von einem materiellen Messias herausgefordert; auch diesmal nahm er sich vor, ihre Idee von einem jüdischen Befreier offen anzugreifen. Die Krise, die mit der Speisung der Fünftausend begonnen hatte und mit dieser Predigt am Sabbatnachmittag endete, war der sichtbare Umschwung seines Rufs und seiner Gunst beim Volk. Von jetzt an hatte sich die Arbeit für das Königreich immer mehr auf die wichtigere Aufgabe zu konzentrieren, geistig Bekehrte dauerhaft für die wahrhaft religiöse Bruderschaft der Menschen zu gewinnen. Diese Predigt markiert die Krise des Übergangs von der Periode der Diskussionen, Auseinandersetzungen und Entscheidungen zur Periode offener Kriegführung und endgültiger Akzeptanz oder endgültiger Zurückweisung.

153:1.3 (1708.2) Der Meister wusste genau, dass viele seiner Anhänger sich in Gedanken langsam aber sicher darauf vorbereiteten, ihn letztendlich zurückzuweisen. Ebenso wusste er, dass viele seiner Jünger langsam aber sicher durch jene Gedankenschulung und Seelendisziplin gingen, die es ihnen ermöglichen würde, ihre Zweifel zu besiegen und für ihren gefestigten Glauben an das Evangelium vom Königreich einzustehen. Jesus war sich völlig im Klaren über die Art und Weise, in der sich die Menschen auf die Entscheidungen in einer Krise vorbereiten und mutig beschlossene Taten plötzlich ausführen: nämlich durch den langsamen Vorgang wiederholten Wählens zwischen den stets wiederkehrenden Situationen von Gut und Böse. Er unterwarf seine ausgewählten Botschafter wiederholten Enttäuschungsübungen und verschaffte ihnen häufige und schwierige Gelegenheiten, bei denen sie zwischen der richtigen und der falschen Art, geistige Prüfungen zu bestehen, zu wählen hatten. Er wusste, dass er sich auf seine Jünger verlassen konnte, dass sie angesichts der letzten Prüfung ihre lebenswichtigen Entscheidungen in Übereinstimmung mit früheren, zur Gewohnheit gewordenen Denkweisen und geistigen Reaktionen fällen würden.

153:1.4 (1708.3) Diese Krise in Jesu Erdenleben begann mit der Speisung der Fünftausend und endete mit dieser Predigt in der Synagoge; die Krise im Leben der Apostel begann mit dieser Predigt in der Synagoge, dauerte ein ganzes Jahr und endete erst mit des Meisters Prozess und Kreuzigung.

153:1.5 (1708.4) Bevor Jesus an diesem Nachmittag in der Synagoge zu sprechen begann, bewegte alle, die dort saßen, nur ein einziges großes Rätsel, eine einzige beherrschende Frage. Sowohl seine Freunde als auch seine Feinde sannen nur über dies eine nach: „Wieso hat er die Welle der Volksbegeisterung so vorsätzlich und wirksam umgekehrt?“ Unmittelbar vor und nach dieser Predigt gingen Zweifel und Enttäuschung seiner verärgerten Anhänger in unbewusste Opposition über und entwickelten sich schließlich zu richtigem Hass. Nach dieser Predigt in der Synagoge kam Judas Iskariot der erste bewusste Gedanke, abtrünnig zu werden. Aber noch wusste er solchen Neigungen wirksam zu widerstehen.

153:1.6 (1708.5) Alle befanden sich in einem Zustand der Ratlosigkeit. Jesus hatte sie alle sprachlos und verwirrt gelassen. Eben erst hatte er die größte Demonstration übernatürlicher Macht seiner ganzen Laufbahn gegeben. Die Speisung der Fünftausend war in seinem irdischen Dasein das Ereignis, das am allermeisten an die jüdische Vorstellung vom erwarteten Messias appellierte. Aber dieser außerordentliche Vorteil wurde augenblicklich und unerklärlicherweise aufgehoben durch seine prompte und unzweideutige Weigerung, sich zum König ausrufen zu lassen.

153:1.7 (1709.1) Am Freitagabend und wiederum am Sabbatmorgen hatten die Führer aus Jerusalem lang und ernsthaft mit Jairus gerungen, um zu verhindern, dass Jesus in der Synagoge das Wort ergriff, aber es war umsonst. Auf all ihre Bitten gab Jairus nur eine Antwort: „Ich habe diese Anfrage bewilligt, und ich werde mein Wort nicht brechen.“

2. Die epochale Predigt

153:2.1 (1709.2) Als Einleitung zu seiner Predigt las Jesus aus dem Gesetz im Deuteronomium: „Aber wenn dieses Volk nicht auf die Stimme Gottes hören will, wird der Fluch der Gesetzesübertretung mit Sicherheit über es kommen. Der Herr wird deine Feinde veranlassen, dich heimzusuchen; du wirst in alle Reiche der Erde zerstreut werden. Und der Herr wird dich und den König, den du dir gegeben hast, in die Hände eines fremden Volkes ausliefern. Du wirst bei allen Völkern Befremden auslösen, berüchtigt sein und zum Gespött werden. Deine Söhne und deine Töchter werden in die Gefangenschaft gehen. Die Fremden unter dir werden zu hoher Autorität aufsteigen, du aber wirst tief niedergebeugt werden. Und all diese Dinge sollen für immer über dich und deinen Samen kommen, weil du das Wort des Herrn nicht hast hören wollen. Deshalb wirst du deinen Feinden dienen, die gegen dich ausziehen werden. Du wirst Hunger und Durst leiden und dieses fremde Joch aus Eisen tragen. Der Herr wird ein Volk von weit her, vom Ende der Welt gegen dich anrücken lassen, ein Volk, dessen Sprache du nicht verstehen wirst, ein Volk mit grimmigen Gesichtern, das dich geringschätzen wird. Und sie werden dich in allen deinen Städten belagern, bis die hohen Befestigungsmauern, denen du vertraut hast, einstürzen werden; und das ganze Land wird in ihre Hände fallen. Und die Not wird dich dazu bringen, während dieser Belagerung die Frucht deines eigenen Leibes zu essen, das Fleisch deiner Söhne und Töchter, denn deine Feinde werden dir mit großer Härte zusetzen.“

153:2.2 (1709.3) Und nachdem Jesus diese Worte gelesen hatte, ging er zu den Propheten über und las aus Jeremia vor: „‚Wenn ihr nicht auf die Worte meiner Diener, der Propheten, die ich euch gesandt habe, hören wollt, dann verfahre ich mit diesem Haus wie mit Schilo und mache diese Stadt zu einem Fluch für alle Völker der Erde.‘ Und die Priester und Lehrer hörten Jeremia diese Worte im Hause des Herrn sprechen. Und es geschah, nachdem Jeremia alles gesagt hatte, was der Herr ihm zum Volk zu sprechen aufgetragen hatte, dass die Priester und Lehrer ihn fassten und sagten: ‚Du musst sterben.‘ Und alles Volk drängte sich um Jeremia im Hause des Herrn. Und als die Fürsten Judäas diese Dinge erfuhren, setzten sie sich über Jeremia zu Gericht. Da sprachen die Priester und Lehrer zu den Fürsten und zum Volk: ‚Dieser Mann verdient zu sterben, denn er hat Prophezeiungen gegen unsere Stadt ausgesprochen, und ihr habt ihn mit euren eigenen Ohren gehört.‘ Darauf wandte sich Jeremia an alle Fürsten und an das Volk: ‚Der Herr hat mich gesandt, um gegen dieses Haus und diese Stadt mit all den Worten zu prophezeien, die ihr gehört habt. Deshalb bessert jetzt euer Verhalten und euer Tun und gehorcht der Stimme des Herrn eures Gottes, um dem Übel zu entrinnen, das gegen euch gesprochen wurde. Was mich betrifft, so bin ich in euren Händen. Verfahrt mit mir, wie es in euren Augen gut und recht ist. Aber ihr sollt mit Sicherheit wissen, dass ihr unschuldiges Blut über euch und über dieses Volk bringt, wenn ihr mich tötet, denn der Herr hat mich wahrhaftig gesandt, um all diese Worte in eure Ohren zu sprechen.‘

153:2.3 (1710.1) „Die damaligen Priester und Lehrer trachteten danach, Jeremia umzubringen, aber die Richter gaben ihre Zustimmung nicht, obwohl sie ihn wegen seiner warnenden Worte an Seilen in ein schmutziges Verlies hinunterließen, wo er bis zu den Achselhöhlen im Schlamm versank. Solches verübte dieses Volk am Propheten Jeremia, als er dem Befehl Gottes gehorchte und seine Brüder vor ihrem kurz bevorstehenden politischen Sturz warnte. Heute möchte ich euch fragen: Was werden die obersten Priester und religiösen Führer dieses Volkes mit dem Mann tun, der es wagt, sie vor dem Tag ihres geistigen Untergangs zu warnen? Werdet auch ihr versuchen, den Lehrer zu töten, der es wagt, das Wort des Herrn zu verkündigen und der nicht davor zurückschreckt, deutlich zu machen, dass ihr euch weigert, auf dem Weg des Lichts zu schreiten, der zum Eingang des Königreichs des Himmels führt?

153:2.4 (1710.2) „Was braucht ihr noch zum Beweis meiner Sendung auf Erden? Wir haben euch in euren einflussreichen Machtpositionen unbehelligt gelassen, während wir den Armen und Verstoßenen die gute Nachricht predigten. Wir haben das von euch Verehrte nicht feindselig angegriffen, sondern vielmehr der von Angst beherrschten Menschenseele eine neue Freiheit verkündigt. Ich bin in die Welt gekommen, um meinen Vater zu offenbaren und auf Erden die geistige Bruderschaft der Söhne Gottes, das Königreich des Himmels, zu errichten. Und obwohl ich euch immer wieder daran erinnert habe, dass mein Königreich nicht von dieser Welt ist, hat euch dennoch mein Vater über die beweiskräftigeren geistigen Verwandlungen und Regenerationen hinaus viele materielle Wunder zugestanden.

153:2.5 (1710.3) „Was für neue Zeichen wollt ihr noch aus meinen Händen? Ich erkläre, dass ihr schon genügend Beweise habt, um eure Entscheidung zu fällen. Wahrlich, wahrlich, ich sage zu vielen, die heute vor mir sitzen: Ihr steht vor der Notwendigkeit, den Weg, den ihr gehen wollt, zu wählen; und wie Josua zu euren Vorvätern sage ich zu euch: ‚Entscheidet euch heute, wem ihr dienen wollt.‘ Heute stehen viele von euch am Scheideweg.

153:2.6 (1710.4) „Als einige von euch mich nach der Speisung der Menge auf der anderen Seeseite nicht finden konnten, mieteten sie die Fischerflotte aus Tiberias, die eine Woche zuvor während eines Sturms in der Nähe Schutz gesucht hatte, um meine Verfolgung aufzunehmen, und wofür? Nicht um der Wahrheit und Rechtschaffenheit willen, oder um zu erfahren, wie ihr euren Mitmenschen besser dienen und beistehen könntet! Nein, sondern vielmehr, um mehr Brot zu haben, für das ihr nicht gearbeitet hattet. Es geschah nicht, um eure Seelen mit dem Wort des Lebens zu füllen, sondern nur euren Bauch mit dem Brot der Bequemlichkeit. Seit langem hat man euch gelehrt, dass der Messias, wenn er kommen sollte, derartige Wunder vollbringen würde, die dem ganzen auserwählten Volk ein angenehmes und leichtes Leben bescheren würden. Es verwundert deshalb nicht, dass ihr, die man solches gelehrt hat, euch nach den Broten und Fischen sehnt. Aber ich erkläre euch, dass dies nicht die Sendung des Menschensohnes ist. Ich bin gekommen, um geistige Freiheit zu verkündigen, ewige Wahrheit zu lehren und den lebendigen Glauben zu nähren.

153:2.7 (1710.5) „Meine Brüder, verlangt nicht nach Speise, die verdirbt, sondern sucht vielmehr geistige Kost, die euch sogar für das ewige Leben stärkt; denn diese ist das Brot des Lebens, das der Sohn allen gibt, die es nehmen und davon essen wollen, denn der Vater hat dem Sohn dieses Leben unbeschränkt gegeben. Und als ihr mich fragtet: ‚Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen?‘ habe ich euch klar gesagt: ‚Das Werk Gottes ist, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.‘“

153:2.8 (1710.6) Und dann sagte Jesus, indem er auf die Darstellung eines Gefäßes mit Manna zeigte, das den Türsturz der neuen Synagoge zierte und mit Weintrauben geschmückt war: „Ihr habt gedacht, dass eure Vorfahren in der Wüste Manna — Himmelsbrot — aßen, aber ich sage euch, dass es irdisches Brot war. Moses gab euren Vätern kein Himmelsbrot, aber mein Vater ist jetzt bereit, euch das wahre Brot des Lebens zu geben. Das Brot des Himmels ist das, was von Gott herabkommt und den Menschen der Welt ewiges Leben gibt. Und wenn ihr zu mir sagt: ‚Gib uns dieses lebendige Brot‘, will ich antworten: ‚Ich bin dieses Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den soll niemals hungern, und wer mir glaubt, den soll niemals dürsten. Ihr habt mich gesehen, mit mir gelebt und meine Werke geschaut und glaubt trotzdem nicht, dass ich vom Vater komme.‘ Aber denen, die glauben, sage ich: ‚Seid ohne Furcht.‘ Alle, die sich vom Vater führen lassen, werden zu mir kommen, und wer zu mir kommt, wird in keiner Weise abgewiesen werden.

153:2.9 (1711.1) „Und nun lasst mich euch ein für alle Mal erklären, dass ich nicht auf die Erde herabgekommen bin, um meinen eigenen Willen zu tun, sondern den Willen Dessen, der mich gesandt hat. Und dies ist letztlich der Wille Dessen, der mich gesandt hat, dass ich von allen, die er mir gegeben hat, auch nicht einen einzigen verliere. Und dieses ist des Vaters Wille: Dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben haben soll. Gestern erst gab ich euch Brot für eure Körper zu essen; heute biete ich euch das Brot des Lebens für eure hungrigen Seelen an. Wollt ihr jetzt das Brot des Geistes ebenso willig annehmen, wie ihr das Brot dieser Welt gegessen habt?“

153:2.10 (1711.2) Als Jesus einen Moment innehielt, um seinen Blick über die Versammlung schweifen zu lassen, erhob sich einer der Lehrer von Jerusalem (ein Mitglied des Sanhedrins) und fragte: „Verstehe ich recht? Du sagst, du seist das Brot, das vom Himmel herabkommt, nicht so jedoch das Manna, das Moses unseren Vätern in der Wüste gab?“ Und Jesus antwortete dem Pharisäer: „Du hast richtig verstanden.“ Da sagte der Pharisäer: „Aber bist du nicht Jesus von Nazareth, der Sohn Josephs, des Zimmermanns? Kennen nicht viele von uns sehr wohl deinen Vater und deine Mutter sowie deine Brüder und Schwestern? Wie kommt es, dass du hier im Hause Gottes erscheinst und erklärst, du seist vom Himmel herabgekommen?“

153:2.11 (1711.3) Inzwischen hatte sich in der Synagoge ein starkes Gemurmel erhoben, und ein solcher Tumult drohte, dass Jesus aufstand und sagte: „Lasst uns Geduld haben; die Wahrheit leidet nie unter einer ehrlichen Prüfung. Ich bin alles, was du sagst, aber mehr. Der Vater und ich sind eins; der Sohn tut nur, was der Vater ihn lehrt, und alle, die der Vater dem Sohn gibt, wird der Sohn bei sich empfangen. Ihr habt bei den Propheten gelesen. ‚Gott wird euch alle unterrichten‘ und ‚Diejenigen, die der Vater lehrt, werden auch seinem Sohn Gehör schenken‘. Jeder, der sich den Weisungen des in ihm wohnenden Geistes des Vaters fügt, wird letzten Endes zu mir kommen. Zwar hat kein Mensch den Vater gesehen, aber des Vaters Geist lebt tatsächlich im Menschen. Und der Sohn, der vom Himmel herabgekommen ist, hat den Vater mit Sicherheit gesehen. Und diejenigen, die wahrhaftig an diesen Sohn glauben, haben schon jetzt das ewige Leben.

153:2.12 (1711.4) „Ich bin dieses Brot des Lebens. Eure Väter aßen Manna in der Wüste und sind tot. Aber wer von diesem Brot isst, das von Gott herabkommt, wird im Geiste niemals sterben. Ich wiederhole: Ich bin dieses lebendige Brot, und jede Seele, die die Verwirklichung dieser geeinten Natur von Gott und Mensch erreicht, wird auf ewig leben. Und dieses Brot des Lebens, das ich allen gebe, die es empfangen wollen, ist meine eigene lebendige Doppelnatur. Der Vater im Sohn und der Sohn eins mit dem Vater — das ist meine lebenspendende Offenbarung an die Welt und meine rettende Gabe für alle Nationen.“

153:2.13 (1711.5) Als Jesus fertig gesprochen hatte, entließ der Synagogenleiter die Versammlung, aber die Leute wollten nicht gehen. Sie umdrängten Jesus, um mehr Fragen zu stellen, während andere murrten und untereinander stritten. Und diese Situation hielt mehr als drei Stunden lang an. Es war schon längst nach sieben Uhr, als sich die Versammlung endlich auflöste.

3. Der Fortgang der Versammlung

153:3.1 (1712.1) Viele Fragen wurden anschließend an Jesus gerichtet. Einige wurden von seinen verstörten Jüngern gestellt, aber mehr noch von nörgelnden Ungläubigen, die einzig versuchten, ihn in Verlegenheit zu bringen und ihm eine Falle zu stellen.

153:3.2 (1712.2) Einer der auf Besuch weilenden Pharisäer stieg auf einen Lampenständer und schrie seine Frage heraus: „Du sagst uns, du seiest das Brot des Lebens. Wie kannst du uns dein Fleisch zu essen oder dein Blut zu trinken geben? Zu was taugt deine Lehre, wenn sie nicht ausgeführt werden kann?“ Und Jesus beantwortete diese Frage mit den Worten: „Ich habe euch nicht gelehrt, mein Fleisch sei das Brot des Lebens und mein Blut das Wasser des Lebens. Hingegen habe ich gesagt, dass mein Leben im Fleisch eine Verschenkung des Himmelsbrots ist. Die Tatsache des sich im Fleisch hingebenden Wortes Gottes und das Phänomen des sich dem Willen Gottes unterwerfenden Menschensohns stellen eine erfahrbare Realität dar, die soviel bedeutet wie göttliche Nahrung. Ihr könnt weder mein Fleisch essen, noch mein Blut trinken, aber ihr könnt im Geiste eins werden mit mir, so wie ich im Geiste eins bin mit dem Vater. Ihr könnt durch das ewige Wort Gottes genährt werden, das tatsächlich das Brot des Lebens ist und das in sterblicher Menschengestalt verschenkt worden ist; und eure Seele kann vom göttlichen Geist bewässert werden, der wahrhaftig das Wasser des Lebens ist. Der Vater hat mich in die Welt gesandt, um zu zeigen, wie er in allen Menschen zu wohnen und sie zu leiten wünscht; und ich habe mein Leben im Fleisch so gelebt, dass es alle Menschen dazu inspirieren möge, gleichermaßen immer den Willen des in ihnen wohnenden himmlischen Vaters in Erfahrung zu bringen und auszuführen.“

153:3.3 (1712.3) Darauf sagte einer der Spione aus Jerusalem, der Jesus und seine Apostel beobachtet hatte: „Wir haben festgestellt, dass weder du noch deine Apostel ihre Hände angemessen waschen, bevor ihr Brot esst. Du musst genau wissen, dass eine Gewohnheit wie die, mit unsauberen und ungewaschenen Händen zu essen, einen Verstoß gegen das Gesetz der Ahnen darstellt. Auch eure Trinkschalen und euer Geschirr wascht ihr nicht, wie es sich geziemt. Wieso geht ihr mit der Tradition der Väter und den Gesetzen eurer Ahnen so respektlos um?“ Nachdem Jesus ihm zugehört hatte, antwortete er ihm: „Wieso erlaubt ihr die Übertretung der Gebote Gottes durch die Gesetze eurer Tradition? Das Gebot sagt: ‚Ehre deinen Vater und deine Mutter‘, und fordert, dass ihr, wenn nötig, euer Vermögen mit ihnen teilt; aber ihr erlasst ein Gesetz der Tradition, das pflichtvergessenen Kindern erlaubt zu erklären, das Geld, das zur Unterstützung der Eltern hätte verwendet werden können, sei ‚Gott gegeben worden‘. Das Gesetz der Ahnen enthebt somit derart verschlagene Kinder ihrer Verantwortung, obwohl sie danach all dieses Geld für ihr eigenes Wohlergehen benutzen. Wie kommt es, dass ihr durch eure eigene Tradition das Gebot in dieser Weise außer Kraft setzt? Jesaja beschrieb euch Heuchler gut in seiner Prophezeiung, als er sagte: ‚Dieses Volk ehrt mich mit seinen Lippen, aber sein Herz ist fern von mir. Umsonst verehren sie mich, denn ihre Lehren sind menschliche Vorschriften.‘

153:3.4 (1712.4) „Seht, wie ihr dem Gebot untreu werdet, während ihr euch an menschliche Tradition klammert. Ihr seid ganz und gar willens, das Wort Gottes abzulehnen, während ihr gleichzeitig eure eigenen Traditionen hochhaltet. Und auf manch andere Weise wagt ihr es, eure eigenen Lehren über das Gesetz und die Propheten zu stellen.“

153:3.5 (1712.5) Darauf wandte sich Jesus mit seinen Bemerkungen an alle Anwesenden. Er sagte: „Aber hört mir jetzt alle zu. Nicht das, was durch den Mund eintritt, verunreinigt den Menschen geistig, sondern vielmehr das, was aus dem Mund und aus dem Herzen kommt.“ Aber sogar die Apostel vermochten den Sinn dieser Worte nicht ganz zu erfassen, denn auch Simon Petrus fragte ihn: „Damit sich einige deiner Zuhörer nicht unnötigerweise gekränkt fühlen, wärest du so gut, uns die Bedeutung dieser Worte zu erklären?“ Darauf sagte Jesus zu Petrus: „Bist auch du schwer von Begriff? Weißt du nicht, dass jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, ausgerissen werden wird? Schenke deine Aufmerksamkeit jetzt denen, die die Wahrheit kennen möchten. Man kann die Menschen nicht dazu zwingen, die Wahrheit zu lieben. Viele von diesen Lehrern sind blinde Führer. Und du weißt, wenn Blinde die Blinden führen, fallen beide in die Grube. Aber hör zu, während ich dir die Wahrheit bezüglich dessen sage, was die Menschen sittlich verunreinigt und geistig vergiftet. Ich erkläre, dass nicht das den Menschen verdirbt, was durch den Mund in den Körper gelangt oder durch Augen und Ohren ins Bewusstsein eintritt. Der Mensch wird nur von dem Übel verdorben, das im Herzen entstehen kann und sich in den Worten und Taten solch gottloser Personen ausdrückt. Weißt du denn nicht, dass schlechte Gedanken, ruchloses Sinnen auf Mord, Diebstahl und Ehebruch, sowie Eifersucht, Hochmut, Zorn, Rachsucht, Lästerung und falsches Zeugnis allesamt vom Herzen ausgehen? All das besudelt die Menschen, und nicht etwa, dass sie Brot mit zeremoniell unreinen Händen essen.“

153:3.6 (1713.1) Die pharisäischen Beauftragten des Sanhedrins von Jerusalem waren jetzt ziemlich davon überzeugt, dass Jesus aufgrund einer Anklage verhaftet werden müsse, die auf Gotteslästerung oder Verhöhnung der heiligen Gesetze der Juden lautete; deshalb ihre Bemühungen, ihn in die Diskussion über — und wenn möglich einen Angriff auf — einige Traditionen der Ahnen, oder die so genannten mündlichen Gesetze der Nation, zu verwickeln. Wie knapp das Wasser auch immer sein mochte, so versäumten diese durch die Tradition versklavten Juden es nie, sich vor jeder Mahlzeit der verlangten zeremoniellen Handwaschung zu unterziehen. Sie glaubten daran, „dass es besser sei zu sterben, als die Gebote der Ahnen zu übertreten“. Die Spione stellten diese Frage, weil ihnen hinterbracht worden war, Jesus habe gesagt: „Die Rettung hat mehr mit sauberen Herzen als mit sauberen Händen zu tun.“ Aber es ist sehr schwer, von solchen Überzeugungen abzulassen, wenn sie einmal Teil der eigenen Religion geworden sind. Sogar noch viele Jahre später hielt dieser aus Angst geborene Gehorsam gegenüber manchen traditionellen Vorstellungen über Reinheit und Unreinheit den Apostel Petrus in seinem Griff, und erst ein außergewöhnlicher und lebhafter Traum befreite ihn endgültig davon. Und man kann das alles noch besser verstehen, wenn man sich daran erinnert, dass diese Juden das Essen mit ungewaschenen Händen im selben Lichte sahen wie den Verkehr mit einer Hure, und beides gleichermaßen mit Exkommunikation bestraft wurde.

153:3.7 (1713.2) In dieser Weise entschied sich der Meister, die Torheit des gesamten rabbinischen Systems von Regeln und Vorschriften, das durch das mündliche Gesetz repräsentiert wurde, in Frage zu stellen und zu entlarven — diese Traditionen der Alten, die den Juden allesamt als verbindlicher und sogar heiliger galten als die Lehren der Schriften. Und Jesus sprach mit weniger Zurückhaltung, weil er wusste, dass die Stunde gekommen war, da er nichts mehr tun konnte, um einen offenen Bruch in den Beziehungen mit den religiösen Führern zu vermeiden.

4. Letzte Worte in der Synagoge

153:4.1 (1713.3) Mitten in diese Diskussionen hinein brachte einer der Pharisäer von Jerusalem Jesus einen geistesgestörten Burschen, der von einem widerspenstigen und rebellischen Geist besessen war. Er führte diesen wahnsinnigen Jüngling vor ihn und sagte: „Was kannst du bei einem solchen Gebrechen tun? Kannst du Teufel austreiben?“ Beim Anblick des Jungen wurde Jesus von Mitleid gerührt. Er winkte ihn heran, fasste ihn bei der Hand und sprach: „Du weißt, wer ich bin; fahre aus von ihm; und ich beauftrage einen deiner treuen Gefährten, darüber zu wachen, dass du nicht zurückkehrst.“ Und augenblicklich war der Junge normal und bei Sinnen. Das ist der erste Fall, bei dem Jesus tatsächlich einen „bösen Geist“ aus einem menschlichen Wesen austrieb. In allen vorausgegangenen Fällen hatte es sich nur um angebliche Teufelsbesessenheit gehandelt. Aber dies war ein Fall echter dämonischer Besessenheit, wie sie damals noch hin und wieder vorkam, bis am Pfingsttag des Meisters Geist über alle Menschen ausgegossen wurde und es den wenigen himmlischen Rebellen für immer unmöglich machte, gewisse instabile Menschentypen in dieser Weise auszunutzen.

153:4.2 (1714.1) Als die Leute staunten, stand einer der Pharisäer auf und erhob gegen Jesus die Anklage, er könne diese Dinge nur tun, weil er mit Teufeln im Bunde stehe; er habe in den zur Teufelsaustreibung gebrauchten Worten selber zugegeben, dass sie einander kannten. Und dann erklärte er, die religiösen Lehrer und Führer in Jerusalem seien zu dem Schluss gelangt, dass Jesus alle seine so genannten Wunder durch die Macht Beelzebubs, des Teufelsfürsten, vollbringe. Der Pharisäer sprach: „Habt mit diesem Mann nichts zu tun; er steht mit Satan im Bunde.“

153:4.3 (1714.2) Da sagte Jesus: „Wie kann Satan den Satan austreiben? Ein in sich selbst gespaltenes Königreich kann nicht bestehen; wenn ein Haus in sich gespalten ist, gerät es bald ins Elend. Kann eine Stadt einer Belagerung widerstehen, wenn in ihr keine Einigkeit herrscht? Wenn Satan den Satan austreibt, ist er mit sich selbst uneins; wie kann sein Reich dann bestehen? Aber ihr solltet wissen, dass niemand in das Haus eines starken Mannes eindringen und ihn seiner Güter berauben kann, es sei denn, er überwältigt und fesselt zuerst diesen starken Mann. Und wenn ich durch die Macht Beelzebubs Teufel austreibe, durch welche Macht treiben eure Söhne sie dann aus? Deshalb mögen sie selbst euch das Urteil sprechen. Aber wenn ich durch den Geist Gottes Teufel austreibe, dann ist das Königreich Gottes wahrhaftig zu euch herabgekommen: Wenn nicht Vorurteile euch blind machten und Furcht und Stolz euch irreführten, würdet ihr ohne Mühe erkennen, dass einer in eurer Mitte steht, der größer ist als die Teufel. Ihr zwingt mich zu erklären, dass, wer nicht für mich ist, gegen mich ist, und wer sich nicht um mich schart, sich draußen verzettelt. Lasst mich eine ernste Warnung an euch richten, die ihr euch wissentlich anmaßen möchtet, mit offenen Augen und vorsätzlicher Bosheit die Werke Gottes dem Treiben von Teufeln zuzuschreiben! Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, all eure Sünden sollen vergeben werden, sogar alle eure Gotteslästerungen; wer aber Gott mit Vorsatz und böser Absicht lästert, wird nie Vergebung erfahren. Da solch hartnäckige Frevler nie Vergebung suchen noch erhalten werden, sind sie der Sünde schuldig, die göttliche Vergebung auf immer zurückgewiesen zu haben.

153:4.4 (1714.3) „Viele von euch sind heute an einer Wegscheide angelangt: Ihr müsst damit beginnen, eine unumgängliche Wahl zwischen dem Willen des Vaters und den selbst gewählten Wegen der Dunkelheit zu treffen. Und so wie ihr heute wählt, werdet ihr schließlich auch sein. Ihr müsst entweder den Baum und seine Früchte gesund machen, oder aber der Baum und seine Früchte werden verderben. Ich erkläre, dass in meines Vaters ewigem Königreich der Baum an seinen Früchten erkannt wird. Aber wie können einige von euch, die wie Vipern sind und sich bereits für das Böse entschieden haben, gute Früchte hervorbringen? Schließlich redet euer Mund nur aus eurem von Bösem übervollen Herzen.“

153:4.5 (1714.4) Da erhob sich ein anderer Pharisäer und sagte: „Lehrer, wir möchten gerne, dass du uns ein vorbestimmtes Zeichen gibst, mit dem wir uns als einem Beweis deiner Vollmacht und deines Rechts zu lehren einverstanden erklären könnten. Stimmst du einer solchen Abmachung zu?“ Als Jesus das hörte, sagte er: „Diese ungläubige und Zeichen begehrende Generation sucht einen Beweis, aber keine anderen Zeichen sollen euch gegeben werden als die, welche ihr bereits habt und als die, welche ihr sehen werdet, wenn der Menschensohn aus eurer Mitte weggehen wird.“

153:4.6 (1714.5) Und als er geendet hatte, umringten ihn seine Apostel und führten ihn aus der Synagoge. Schweigend gingen sie mit ihm nach Hause nach Bethsaida. Sie waren alle verwundert und ziemlich in Schrecken versetzt über den plötzlichen Wechsel in der Unterweisungstaktik des Meisters. Sie waren überhaupt nicht gewohnt, ihn in solch militanter Form auftreten zu sehen.

5. Am Samstagabend

153:5.1 (1715.1) Immer wieder hatte Jesus die Hoffnungen seiner Apostel zerschlagen, wiederholt hatte er ihre liebsten Erwartungen vernichtet, aber keine Zeit der Enttäuschung und des Leids kam derjenigen gleich, die sie jetzt durchmachten. Zudem mischte sich jetzt in ihre Niedergeschlagenheit wirkliche Furcht um ihre Sicherheit. Sie waren alle überrascht und verblüfft über die Plötzlichkeit und Vollständigkeit der Abwendung des Volkes. Auch waren sie einigermaßen erschrocken und beunruhigt durch die an den Tag gelegte unerwartete Kühnheit und ausgesprochene Entschlossenheit der Pharisäer, die von Jerusalem herabgekommen waren. Aber am meisten bestürzte sie Jesu plötzlicher Taktikwechsel. Unter gewöhnlichen Umständen hätten sie das Erscheinen dieser mehr kämpferischen Haltung begrüßt, aber deren Plötzlichkeit, zusammen mit so viel anderem Unvorhergesehenem, brachte sie aus der Fassung.

153:5.2 (1715.2) Und nun, als sie mit all diesen Kümmernissen zu Hause anlangten, weigerte sich Jesus obendrein noch zu essen. Stundenlang zog er sich in eines der oberen Zimmer zurück. Es war fast Mitternacht, als Joab, der Leiter der Evangelisten, mit der Kunde zurückkam, dass sich ungefähr ein Drittel seiner Gefährten von ihrer Sache abgewendet hätte. Den ganzen Abend über gab es ein Kommen und Gehen von treuen Jüngern, die berichteten, dass in Kapernaum ein allgemeiner Stimmungsumschwung gegen den Meister stattgefunden habe. Die Führer aus Jerusalem zögerten nicht, diese Gefühle der Unzufriedenheit zu schüren und in jeder erdenklichen Weise die Abwendung von Jesus und seinen Lehren zu unterstützen. Während dieser Stunden der Prüfung saßen die zwölf Frauen drüben im Hause des Petrus beisammen. Sie waren furchtbar bestürzt, aber keine desertierte.

153:5.3 (1715.3) Etwas nach Mitternacht kam Jesus vom oberen Zimmer herab. Die Zwölf und ihre Gefährten, alles in allem ungefähr dreißig an der Zahl, umringten ihn, als er sprach: „Ich sehe, dass dieses Aussieben des Königreichs euch tief bekümmert, aber es ist unvermeidlich. Und doch, gab es nach all der Ausbildung, die ihr erhalten habt, irgendeinen guten Grund, an meinen Worten Anstoß zu nehmen? Woher kommt es, dass Angst und Bestürzung euch erfüllen, wenn ihr seht, wie das Königreich sich dieser lauwarmen Massen und halbherzigen Jünger entledigt? Warum grämt ihr euch, da der neue Tag anbricht, an dem die geistigen Lehren des Königreichs des Himmels in neuer Herrlichkeit erstrahlen werden? Wenn ihr es schwierig findet, diese Prüfung zu ertragen, was werdet ihr dann tun, wenn der Menschensohn zum Vater zurückkehren muss? Wann und wie wollt ihr euch auf die Stunde vorbereiten, da ich an den Ort aufsteigen werde, von wo ich in diese Welt gekommen bin?

153:5.4 (1715.4) „Meine Lieben, ihr müsst daran denken, dass es der Geist ist, der belebt; das Fleisch und alles, was damit im Zusammenhang steht, ist von geringem Nutzen. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und Leben. Seid guten Mutes! Ich habe euch nicht verlassen. Viele werden sich jetzt durch meine neue offene Sprache verletzt fühlen. Ihr habt schon gehört, dass viele meiner Jünger umgekehrt sind; sie gehen nicht mehr an meiner Seite. Von Anfang an wusste ich, dass diese halbherzigen Gläubigen unterwegs abtrünnig würden. Habe ich euch zwölf Männer nicht ausgewählt und euch als Botschafter des Königreichs eine Sonderstellung gegeben? Und nun möchtet ihr in einem Augenblick wie diesem auch abtrünnig werden? Jeder von euch achte auf seinen Glauben, denn einer von euch befindet sich in großer Gefahr.“ Und nachdem Jesus geendet hatte, sagte Simon Petrus: „Ja, Herr, wir sind traurig und ratlos, aber wir werden dich nie verlassen. Du hast uns die Worte des ewigen Lebens gelehrt. Wir haben all die Zeit an dich geglaubt und sind dir gefolgt. Wir werden nicht umkehren, denn wir wissen, dass Gott dich gesandt hat.“ Und als Petrus schwieg, pflichteten sie alle diesem Treuegelöbnis mit einmütigem Kopfnicken bei.

153:5.5 (1716.1) Da sagte Jesus: „Geht jetzt zur Ruhe, denn bewegte Zeiten warten auf uns; arbeitsreiche Tage stehen uns unmittelbar bevor.“

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